Was tun, wenn der Arbeitgeber insolvent ist? 1. Teil
Meldet der Arbeitgeber Insolvenz an, ist das für die Mitarbeiter:innen oft ein großer Schock. Dabei ist es gerade in dieser Situation wichtig, Ruhe zu bewahren, die eigenen Ansprüche zu prüfen und sich über die wichtigsten Fristen zu informieren. Übereilte Entscheidungen und kopflose Maßnahmen können sich als teure Fehler erweisen. Doch was heißt das genau? Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber insolvent ist?
In einem zweiteiligen Beitrag beantworten wir die wichtigsten Fragen!:
Inhalt
- 1 Was ist eine Firmeninsolvenz?
- 2 Was wird im Insolvenzfall aus den Mitarbeiter:innen?
- 3 Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber Insolvenz anmeldet?
- 4 Was gilt für Kündigungen in der Insolvenzzeit?
- 5 Kann es im Insolvenzfall eine Abfindung geben?
- 6 Was ist, wenn der Arbeitgeber insolvent geht, während ich in Elternzeit bin?
- 7 Ist während eines Insolvenzverfahrens eine Kündigungsschutzklage möglich?
- 8 Ist es zulässig, den Arbeitgeber wegen Insolvenzverschleppung anzuzeigen?
Was ist eine Firmeninsolvenz?
Eine Insolvenz bezeichnet die Unfähigkeit eines Unternehmens, seine Schulden oder Verbindlichkeiten zu begleichen. Die Firma ist also nicht mehr dazu in der Lage, den Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, die sie gegenüber ihren Gläubigern hat.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird anstelle einer Insolvenz oft auch von einem Konkurs, einer Pleite oder einem Bankrott gesprochen. Im juristischen Sinne handelt es sich bei den Begriffen aber nicht um Synonyme.
Was wird im Insolvenzfall aus den Mitarbeiter:innen?
Selbst wenn der Arbeitgeber insolvent ist, sind die Mitarbeiter:innen zunächst auch weiterhin bei dem Unternehmen beschäftigt. Eine Insolvenz als solche ist auch kein Grund, der eine Kündigung rechtfertigt.
Allerdings ist es in aller Regel so, dass eine Insolvenz zumindest mittelfristig dazu führt, dass Teile des Unternehmens oder gleich der ganze Betrieb stillgelegt werden.
Wie lange die Gehälter ausgezahlt und die Mitarbeiter:innen weiter beschäftigt werden können, ist von Fall zu Fall verschieden.
Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber Insolvenz anmeldet?
Hat der Arbeitgeber Insolvenz angemeldet und zahlt er Ihr Gehalt nur noch schleppend oder gar nicht mehr, sollten Sie das Unternehmen zunächst schriftlich dazu auffordern, den ausstehenden Lohn zu begleichen. Dass das Unternehmen offensichtlich zahlungsunfähig ist, ist an dieser Stelle unerheblich.
Sie haben am Ende nichts davon, wenn Sie aus Loyalität zu Ihrem Arbeitgeber auf Ihr Gehalt oder andere Ansprüche verzichten.
Damit Sie die Vergütung, die Ihnen zusteht, dann auch geltend machen können, müssen Sie im nächsten Schritt unterscheiden, wann die Forderungen gegenüber Ihrem Arbeitgeber entstanden sind. Hat der Arbeitgeber Ihr Gehalt schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gezahlt, sollten Sie sich umgehend mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung setzen.
Er prüft Ihre Forderungen und nimmt sie anschließend als Insolvenzforderung in die sogenannte Insolvenztabelle auf.
Im Unterschied dazu handelt es sich bei Gehaltsforderungen, die erst nach dem Beginn des Insolvenzverfahrens entstanden sind, um sogenannte Masseverbindlichkeiten. Diese muss der Insolvenzverwalter sofort an die Mitarbeiter:innen auszahlen, sofern die Insolvenzmasse dafür ausreicht.
Was es genau mit den Insolvenzforderungen und den Masseverbindlichkeiten auf sich hat und wie Sie solche Ansprüche geltend machen, erklären wir im 2. Teil ausführlich.
Was gilt für Kündigungen in der Insolvenzzeit?
Im Insolvenzfall des Arbeitgebers gelten etwas andere Kündigungsfristen. So sieht § 113 der Insolvenzordnung vor, dass sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von maximal drei Monaten zum Monatsende auflösen können.
Ist eine kürzere Frist vereinbart, zum Beispiel weil das Arbeitsverhältnis erst seit Kurzem besteht, gilt diese. Ansonsten begrenzt die Insolvenzordnung alle längeren Kündigungsfristen auf drei Monate.
Kann es im Insolvenzfall eine Abfindung geben?
Grundsätzlich schließt die Insolvenz des Arbeitgebers Abfindungszahlungen nicht aus. Dabei gilt für diese Ansprüche das Gleiche wie bei ausstehenden Lohnzahlungen.
Sind die Ansprüche nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, handelt es sich um Masseverbindlichkeiten, die vorab aus der Insolvenzmasse beglichen werden.
Bei Forderungen, die vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind, handelt es sich um Insolvenzforderungen. Sie müssen in die Insolvenztabelle aufgenommen werden und können erst ausgezahlt werden, wenn das Verfahren abgeschlossen ist.
Was ist, wenn der Arbeitgeber insolvent geht, während ich in Elternzeit bin?
Meldet der Arbeitgeber Insolvenz an, während Sie in Elternzeit sind, ändert sich an Ihrem Beschäftigungsverhältnis zunächst nichts. Es besteht unverändert weiter. Wird die Firma übernommen oder saniert, können Sie wie ursprünglich geplant weiterhin dort arbeiten, wenn Ihre Elternzeit vorbei ist.
Anders sieht es aber aus, wenn der Betrieb zum Erliegen kommt. In diesem Fall ist sogar möglich, dass der besondere Kündigungsschutz wegfällt.
Je nach Standort Ihres Arbeitgebers müssen darüber aber die zuständigen Landesbehörden entscheiden. Das kann zum Beispiel das Gewerbeaufsichtsamt oder die Bezirksregierung sein.
Ist während eines Insolvenzverfahrens eine Kündigungsschutzklage möglich?
Eine Insolvenz schaltet die Rechte der Mitarbeiter:innen nicht automatisch aus. Die arbeitsrechtlichen Vorschriften müssen deshalb auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingehalten werden.
Für die Praxis bedeutet das, dass für Arbeitnehmer:innen der Kündigungsschutz greift und ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung besteht, wenn das Arbeitsverhältnis seit mehr als sechs Monaten läuft und das Unternehmen mindestens zehn Mitarbeiter beschäftigt.
Wird Ihnen in der Insolvenzzeit gekündigt, haben Sie also natürlich das Recht, sich innerhalb der gesetzlichen Frist mit einer Kündigungsschutzklage dagegen zu wehren. Ein Gericht entscheidet daraufhin, ob die Kündigung wirksam ist oder ob nicht.
Ist es zulässig, den Arbeitgeber wegen Insolvenzverschleppung anzuzeigen?
Ist ein Betrieb überschuldet oder zahlungsunfähig, sind der Geschäftsführer oder die Gesellschafter im Regelfall dazu verpflichtet, innerhalb einer Frist von drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, liegt eine sogenannte Insolvenzverschleppung vor.
Wenn Sie vermuten, dass Ihr Arbeitgeber den Insolvenzantrag verschleppt, können Sie dies anzeigen. Die Staatsanwaltschaft muss den Sachverhalt daraufhin schnellstmöglich aufklären.
Allerdings sollten Sie nur dann Anzeige erstatten, wenn es gewichtige Indizien dafür gibt, dass Ihr Arbeitgeber strafbar handelt. Sollte sich später nämlich herausstellen, dass Ihre Angaben falsch waren, müssen Sie damit rechnen, dass Sie Ihr Arbeitgeber seinerseits wegen falscher Verdächtigung anzeigt.
Wichtig zu wissen ist außerdem, dass sich eine Anzeige wegen Insolvenzverschleppung nicht darauf auswirkt, ob und wie schnell Sie ausstehende Lohnzahlungen bekommen.
Wenn es Ihnen nur darum geht, Ihre Ansprüche durchzusetzen, bringt Sie eine Strafanzeige in dieser Sache also nicht weiter.
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Thema: Was tun, wenn der Arbeitgeber insolvent ist? 1. Teil
Übersicht:
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